Suizide verhindern – Freund sein

Aufklärungsarbeit

Suizidprävention. Das ist Aufgabe und Ziel des Vereins Freunde fürs Leben. Wie das gehen soll, verrät Projektkoordinator Florian Schmiedler

Suizid ist ein Tabuthema. Eigentlich. Im Sommer 2017 kommt plötzlich kaum noch jemand daran vorbei. Der Grund: Die Netflix Serie “13 Reasons why” (Deutscher Titel: “Tote Mädchen lügen nicht”). Die Verfilmung des gleichnamigen Romans thematisiert die Beweggründe zum Suizid der Jugendlichen Hannah Baker – bis hin zur detailreichen Abbildung dessen. Die Meinungen gehen auseinander: Die einen finden es toll, dass überhaupt über das Thema gesprochen wird. Andere fürchten den Nachahmereffekt, die Serie romantisiere die Selbsttötung.

Auch Freunde fürs Leben wollen Suizid als Thema in die Öffentlichkeit bringen und somit transparenter machen. Allerdings mit positiven Botschaften. Offene Gespräche über psychische Krisen und ein gutes Netzwerk seien die ersten Schritte hin zur schnellen Hilfe für Betroffene – und somit letztendlich weniger Entscheidungen für Suizid. Auf ihrer Website frnd.de stellen sie Warnsignale, Hilfsangebote und Therapiemöglichkeiten vor. Betroffene erfahren ganz genau, wo sie direkte Beratung bekommen. Freunde fürs Leben beraten nämlich nicht selbst. Das führt manchmal zu Missverständnissen: Bestimmte Anfragen leiten sie dann an die entsprechenden Stellen weiter. Sie sind also ein Wegweiser hin zum richtigen Hilfsangebot.

Von Sternen und Sternchen

Prinz Pi | Foto: Tom Wagner

Die Bewertungen auf ihrer Facebookseite motivieren: ‘Eure Arbeit ist sehr wertvoll. Ihr habt mir und anderen Menschen enorm geholfen. Darüber zu reden ist wichtig und es ist gut, dass es Vereine wie euch gibt.’ – 5 Sterne.

Clueso | Foto: Tom Wagner

Der Verein richtet sich vor allem an Jugendliche und junge Erwachsene – bei ihnen liegt die Suizidrate verhältnismäßig hoch. Um das zu ändern, sind die Kampagnen direkt auf sie zugeschnitten, liefern kreative und jugendliche Inhalte. Auf ihrem YouTube-Kanal frnd.tv machen sie beispielsweise auf Veranstaltungen und Beratungsangebote aufmerksam.

Außerdem sprechen sie dort mit Experten und Prominenten über Depressionen und Suizid, lassen sie berichten, wie sie selbst aus der Krise gefunden haben. So sprechen im Freunde fürs Leben Bar-TALK Leute wie Prinz Pi, Bärbel Stolz, Tyron Ricketts oder Clueso über ihre Erfahrungen mit dem sensiblen Thema.

Florian Schmiedler ist Projektkoordinator und kümmert sich um die Umsetzung solcher Aktionen. Als er bei Freunde fürs Leben anfing, war er von der hohen Suizidrate überrascht: Um die 10.000 Menschen sterben allein in Deutschland jedes Jahr durch Suizid: “Das sind mehr als die Toten durch Aids, Alkohol und Drogenkonsum zusammen. Doch darüber wird kaum gesprochen.” Das Thema sei sehr schwer verständlich. Depressionen könne man leicht missverstehen, wenn man diese selbst nicht erlebt hat. Mit normalen Stimmungsschwankungen habe das nichts zu tun: “Menschen mit einer psychischen Erkrankung können sich nicht mal eben zusammenreißen wie gesunde Leute bei einem Tief,” erklärt Florian Schmiedler den Unterschied.

Wenn sich dann ein Mensch das eigene Leben nimmt oder nehmen will, könne man sich das einfach nicht vorstellen. Es gehe gegen das Grundeinverständnis aller Menschen, dass das Leben lebenswert ist und wir alle leben wollen. Florian Schmiedler sagt außerdem: “Das Leben trägt die Grundlage unserer Existenz. Wenn das von jemandem durch diese Tat infrage gestellt wird, ist das erstmal sehr verstörend oder problematisch.” Das liege nicht zuletzt daran, dass man nicht genau weiß, worin die Beweggründe des Anderen lagen oder man sich selbst in seiner eigenen Überzeugung angegriffen fühlt.

Gerade diese Unwissenheit macht die Aufklärungsarbeit von Freunde fürs Leben unumgänglich. Das Thema überhaupt in die Öffentlichkeit zu tragen, ist dabei Kern ihrer Aufgabe. Dabei immer das große Ziel vor Augen: Eine nationale Aufklärungskampagne seitens der Regierung. Das fordert der Verein seit seinem Bestehen 2001 und steht im ständigen Kontakt zu Politikern. Wenn alle Menschen über das Thema bescheid wissen, sei es auch nichts wofür man sich weiter schämen oder Angst vor Imageschäden haben müsse. Florian Schmiedler sagt dazu: “Das ist genau unsere Arbeit. Das Thema eher hoffnungsvoll und positiv darzustellen. Wir sind für die Hoffnung, dass man sich gegenseitig helfen kann. Dafür steht auch unser Design. Nicht dunkel, sondern mit hellem Grün.” Und natürlich die Message: Freunde FÜRS Leben.

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